Gesellenstücke als Ausbilder aus Können und Erfahrung »reinzuzeichnen«, ist kein Eingriff in die Autonomie der Auszubildenden, sondern vielmehr eine Bringschuld. So sehen es Jochem Reichenberg, Lehrlingswart und Prüfungsvorsitzender der Innung Wesel und Peter Lindenbeck, Ausbildungsleiter am HBZ Moers. Wie Auszubildende mit diesem Input zur Zeichnungsgenehmigung umgehen, ist ihre Sache.
Umstritten ist dieses Engagement schon deshalb, weil die Ausbilder sich für den gesamten Prozess des Gesellenstücks verantwortlich fühlen: Das bedeutet, sich zu interessieren, Auszubildenden die benötigte Zeit einzuräumen, sie im Rahmen ihrer Fähigkeiten zu fordern und dabei zu unterstützen, das was sie sich vorgenommen haben auch adäquat umzusetzen. Das ist nicht überall Konsens in den Betrieben.
Deutlich sichtbar ist dafür meist, wer mit seinem Gesellenstück allein gelassen war und wer, von wem auch immer, Unterstützung erfahren hat. Das schlägt sich auch in den Ergebnissen der Guten Form nieder. Wo Anregungen und Hilfestellungen auf fruchtbaren Boden fallen, kann jemand über sich hinauswachsen und dadurch einen kräftigen Impuls für sein weiteres Berufsleben erhalten. Ausdrücklich nicht gemeint ist, dass Ausbilder die Gesellenstücke bauen!
Die Gute-Form-Jury auf Innungsebene Wesel hat in diesem Jahr, anders als 2016, keine Gruppenarbeit prämiert, auch wenn ein ähnlicher Fall vorliegt: Zwei Auszubildende von Reichenberg und Weiss haben sich wieder einem Thema gestellt, von gemeinsamen Vorstudien profitiert und zu individuellen Lösungen gefunden, die gestalterisch überzeugen. Sie belegen nun den ersten und zweiten Preis und können dank der in NRW möglichen »Wildcard« auch beide zum Landeswettbewerb antreten.
dds-Redakteur Johannes Niestrath sieht in den Gesellenstücken von Reichenberg und Weiss herausragende Arbeiten, die zeigen, was am Ende der Skala geht. Darin liegt kein Angriff auf die Chancengleichheit!
Der Beitrag Fordern und fördern erschien zuerst auf dds – Das Magazin für Möbel und Ausbau.